Ich habe diese Tour zwar in die Kategorie leicht eingestuft, das ist aber immer relativ
zu sehen. Wären wir in einem anderen Terrain, so würden 850 Höhenmeter auf 72 Kilometer
sicherlich anders zu bewerten sein. Aber sehr viel flachere Etappen bekommt man in dieser
Region nicht zusammen, die Corbières sind bestimmt nicht Holland.
Heute begleite ich den Radclub von Espéraza auf einer ihrer Standardausfahrten. Espéraza
ist eine alte Arbeiterstadt, die noch vor 50 Jahren hauptsächlich von der Hutmanufaktur
lebte. 1929 sorgten 3000 Arbeiter in 14 Fabriken dafür, dass Espéraza hinter Monza in
Italien den zweiten Platz in der Hutfabrikation einnahm. Nach dem Krieg kamen Hüte mehr
und mehr aus der Mode und der Niedergang von Espéraza begann. Heute ist das Städtchen
besuchenswert wegen seines Dinosauriermuseums, das überall in der Gegend beworben wird,
und seinem sonntäglichen Markt, der zu den schönsten in der Gegend zählt und das typische
südfranzösische Flair hat. Und natürlich wegen seines
Fahrradvereins,
der recht aktiv ist.
Wir fahren zunächst einmal Richtung Couiza, biegen dann links ab, um
nach la Serpent hinaufzufahren.
Knapp 200 Höhenmeter, von denen aber nur die letzten 2 Kilometer hinauf zum
Château von la Serpent
aus dem 17. Jahrhundert etwas steiler sind. Das Weingebiet, durch das wir in dieser Etappe
hauptsächlich fahren, gehört übrigens nicht mehr zur Appelation Corbières, sondern hier
wird Blanquette de Limoux hergestellt, ein bekannter Sekt- ähnlicher fein-fruchtiger Wein,
den man unbedingt probieren muß, allerdings bitte erst nach der Etappe. Denn nach kurzer
Abfahrt geht es zunächst leicht ansteigend nach Festes und dahinter mit knapp 5% im
Schnitt über 6km und 300 hm
hinauf zum gleichnamigen Col
auf 677m Höhe, dem
höchsten Punkt der heutigen Etappe.
Nach kurzer Abfahrt gelangen wir zum Col des Tougnets, den wir diesmal von oben anfahren
und fahren weiter abwärts nach Chalabre, einem kleinen mittelalterlichen Städtchen, das
überragt wird vom alten Château de Mauleon. Die nächsten fünf Kilometer geht es
flach weiter an der Hers
entlang nach Rivel, bevor es noch einmal gute zwei Kilometer mit 5.8%
zum Col des Boyer
hinauf geht. Die nächsten 15 Kilometer geht es weitgehend flach bis leicht ansteigend über
die Hochebene von Nebias bis zum Col du Portel. Diese Strecke bin ich gestern alleine mit
Gegenwind gefahren, die langgezogene breite Straße wirkte auch nicht gerade sehr
motivierend. Heute hat sich eine Vierergruppe gebildet, die richtig Druck auf die Pedalen
bringt. Wir fahren abwechselnd vorne und rauschen nur so dahin. Am Col du Portel warten
wir auf die anderen. Von hier hat man einen sehr
schönen Blick auf die umliegenden Berge
und Rennes-le-Chateau, wo ich gestern hinaufgefahren bin.
Nach der rasenden Abfahrt hinunter nach Quillan geht es dann zurück nach Espéraza. Wir
fahren aber nicht die breite Hauptstraße, sondern biegen direkt hinter der Ampel noch
einmal links ab Richtung Brenac. Die letzten zehn Kilometer fahren wir eine sehr schöne
kleine Straße immer links an der Aude entlang. In Campagne-sur-Aude geht es links einen
kleinen Schleichweg hinein, die Avenue d’Esperaza, über den man aus dem Dorf wieder an
die Aude und bis nach Espéraza gelangt.
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